Entschädigung bei Stillstand und Verzögerung: BGH konkretisiert Maßstäbe zur Berechnung – passend in Corona-Zeiten

Der BGH war mit seinem Urteil vom 30.01.2020 (Az. VII ZR 33/19) seiner Zeit etwas voraus – dies mit Blick auf die Corona-Pandemie, die sich dann weltweit ausgebreitet hat. Denn: Gerade jetzt häufen sich die Fragen zu etwaigen Stillstands- und Verzögerungskosten, wenngleich die Baubranche bislang mit einem blauen Auge davongekommen ist.

Unterlassen einer erforderlichen Mitwirkung führt zu Entschädigung des Unternehmers

Der Besteller hat im Rahmen eines Werkvertrags umfangreiche Mitwirkungspflichten. So muss er etwa Pläne erstellen und dem Unternehmer zur Verfügung stellen. Gleiches gilt häufig für Genehmigungen. Auch muss der Bauherr anstehende Entscheidungen treffen und den Unternehmer hierüber in Kenntnis setzen. Unterlässt der Bauherr die erforderliche Mitwirkung, entstehen dem Unternehmer häufig Kosten, da er seine Produktionsmittel (zB Personal und Geräte) weiter vorhalten muss. Für dieses Bereithalten soll er nach § 642 BGB entschädigt werden.

Zwar hatte sich der Bundesgerichtshof zuletzt immer wieder mit dem Entschädigungsanspruch gem. § 642 BGB auseinandergesetzt. Geklärt war mittlerweile, dass Mehrkosten wie gestiegene Lohn- und Materialkosten, die zwar aufgrund des Annahmeverzugs des Bestellers, aber erst nach dessen Beendigung anfallen, vom Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB nicht erfasst sind (Urteil vom 26.10.2017, Az. VII ZR 16/17).

Wie berechnet sich der Entschädigungsanspruch der Höhe nach?

Die Frage nach der Berechnung der Höhe des Entschädigungsanspruchs war bislang umstritten. Hierfür hat der BGH nun den Baubeteiligten entsprechende Richtlinien an die Hand gegeben:

„Die angemessene Entschädigung [ist] im Ausgangspunkt an den auf die unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallenden Vergütungsanteilen einschließlich der Anteile für allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn zu orientieren.“

Leitsatz des Urteils des BGH vom 30.01.2020 (Az. VII ZR 33/19)

Was bedeutet dies konkret?

  1. Eine exakte Berechnung ist nicht vorgesehen.
  2. Der Richter muss in jedem Einzelfall feststellen, welche Produktionsmittel unproduktiv bereit gehalten werden muss und sodann und abwägen, welcher Anteil der Vergütung hierauf entfällt. Dies unter Orientierung an
    • Vorgesehene Vergütung für allgemeine Geschäftskosten (AGK)
    • Wagnis
    • Gewinn
    • Für den Zeitraum des Stillstands / der Verzögerung
    • im Verhältnis zu der vereinbarten Gesamtvergütung.

Hierbei wird auch stets die Frage zu klären sein, ob der Unternehmer seine Produktionsmittel während des Annahmeverzugs anderweitig – produktiv – eingesetzt habe oder habe einsetzen können. Schließlich soll die Entschädigung nicht zu einer Besserstellung führen, sollten die Arbeitsmittel anderweitig und dort auch gewinnbringend eingesetzt worden sein. So hätte der Unternehmer schließlich doppelt verdient.

Kurz zusammengefasst!

Nach den Entscheidungen des BGH zum Entschädigungsanspruch gem. § 642 BGB ist nun klar, für welchen Zeitraum einen Entschädigung zu zahlen ist und wie sich die Entschädigung berechnen lässt. Gleichwohl: Die Berechnung der Entschädigung ist dennoch nicht auf den letzten Cent möglich und unterliegt der tatrichterlichen Feststellung im Prozess.

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