Umgangspflicht: Wenn die Kinder sich Umgang wünschen

In der Regel sucht der umgangsberechtigte Elternteil rechtlichen Beistand, weil der Umgang mit den Kindern seiner Meinung nach nicht oder nicht häufig genug stattfindet.

Es gibt jedoch auch den umgekehrten Fall. Nämlich den, in dem ein Elternteil schlichtweg keinen Umgang mit seinem Kind pflegt.

Nicht nur Umgangsrecht – sondern auch Umgangspflicht?

Das Gesetz sieht nicht nur ein Umgangsrecht, sondern auch eine Pflicht zum Umgang vor.

Der Fall:

Das OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11.11.2020 – 3 UF 156/20, hatte über einen solchen Fall zu entscheiden:

Die Kindsmutter leitete ein Umgangsverfahren gegen den Kindsvater ein, nachdem der Kontakt zwischen ihm und den drei gemeinsamen Söhnen nur noch sporadisch stattfand.

Die Kinder äußerten den Wunsch, mehr Zeit mit ihrem Vater verbringen zu dürfen. Der Kindsvater trug vor, nicht viel Zeit zu haben, nachdem er beruflich sehr eingespannt wäre und auch privat enorm unter Druck stünde, da er ein neugeborenes Kind habe.

Das Ausgangsgericht regelte den Umgang des Kindsvaters mit den drei Söhnen dergestalt, als er das Recht und die Pflicht habe, die Kinder an jedem ersten Sonntag im Monat von 09-19 Uhr und für die letzte Woche in den Sommerferien 2020, im Übrigen in den geraden Kalenderjahren in der zweiten Ferienhälfte, in den ungeraden Kalenderjahren während der ersten Hälfte der Schulferien zu sich zu nehmen.

Hiergegen legte der Kindsvater Beschwerde ein. Es wäre ihm schlichtweg nicht möglich, Umgang mit seinen Söhnen auszuüben. Er stehe beruflich unter Druck und leide gleichzeitig unter den gerichtlichen Verfahren in Zusammenhang mit der Abwicklung seiner Ehe. Hinzukomme, dass er aufgrund des neugeborenen Kindes nachts nur drei bis vier Stunden schlafe. Er sei demnach nicht nur zeitlich, sondern auch gesundheitlich an der Wahrnehmung des Umgangs gehindert.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg:

Pflicht zum Umgang mit den gemeinsamen Kindern

Das Gericht verwies darauf, dass nach § 1684 Abs. 1 BGB der Kindsvater nicht nur das Recht, sondern eben auch die Pflicht zum Umgang mit den gemeinsamen Kindern hat.

Die darin statuierte Pflicht eines Elternteils zum Umgang mit seinem Kind ist eine Konkretisierung der den Eltern grundrechtlich zugewiesenen Verantwortung für ihr Kind.

Maßgebliche Richtschnur für das Handeln der Eltern muss das Wohl des Kindes sein.

Dem Wohl des Kindes kommt es grundsätzlich zugute, wenn es Umgang mit beiden Elternteilen pflegt. Deshalb hat der Gesetzgeber in § 1684 Abs. 1 BGB die Eltern zum Umgang mit ihrem Kind verpflichtetund damit angemahnt, dass sie ihrer Verantwortung gegenüber dem Kind nachkommen. Dabei hat er gleichzeitig dem Kind ein Recht auf Umgang mit seinen Eltern eingeräumt und damit das Recht des Kindes aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG auf Pflege und Erziehung durch seine Eltern in diesem Punkt konkretisiert. (BVerfGE 121, 69).

Demnach kann ein Elternteil – auch gegen seinen Willen – dazu verpflichtet werden, Umgang mit seinem Kind zu haben.

Im vorliegenden Fall wurde der Kindsvater darauf hingewiesen, dass ihn seine vorgetragenen Belange eher zu einer Umdisponierung seiner Prioritäten veranlassen sollten, statt seiner verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Umgangspflicht mit seinen Kindern weiter nicht nachzukommen.

Selbstverständlich muss in solch Konstellationen stets geprüft werden, inwiefern ein erzwungener Umgang dem Kindeswohl dienlich ist.

Letztlich wird den Kindern die emotionale Ablehnung des umgangsverpflichteten Elternteils nicht entgehen. Sinn und Zweck des Umgangs ist mehr als bloßes Dulden einer Eltern-Kind-Begegnung. Es ist aktive Zuwendung zum Kind, Eingehen auf Bedürfnisse, Kommunikation und die Herstellung und Fortsetzung einer Beziehung.

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Julia Langgärtner
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